Gewohnheiten ändern

Was sind Gewohnheiten? Mit Tipps wie Du sie noch heute ändern kannst

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Gewohnheiten ändern

Mit welchem Bein steigst Du morgens zuerst in die Hose? Ich sehe Dich gerade vor mir, wie Du angestrengt nachdenken musst. Wahrscheinlich wirst Du es mir erst morgen früh sagen können, wenn Du das nächste Mal in eine Hose steigst. Damit heiße ich Dich herzlich Willkommen in Deinem Unterbewusstsein. Gewohnheiten bestimmen unseren Alltag.

Ca. 90% unserer Handlungen, Gedanken und Emotionen laufen am Tag unterbewusst ab und ca. 30-50% sind Gewohnheiten. Du musst nicht darüber nachdenken, wie Du morgens Deine Zähne zu putzt und wie Du Auto fährst ist auch tief in Dir verankert. Auch wirst Du beim nächsten Mal wieder sauer werden, wenn Dein Liebster oder Deine Liebste die dreckigen Socken irgendwo liegen lässt, obwohl Du dir geschworen hast, Dich nicht aufzuregen. Denn auch emotionale Reaktionen können eine Gewohnheit sein.

Mit meinem heutigen Artikel möchte ich Dir die Macht der Gewohnheiten näher bringen. Warum wir Gewohnheiten haben und warum es so verdammt schwierig ist sie zu ändern. Dennoch kann man mit einfachen Mitteln lästigen Gewohnheiten an den Kragen gehen. Diese möchte ich Dir natürlich am Ende nicht vorenthalten.

Was ist eine Gewohnheit?

Ich beginne mit einer unsanften Wahrheit: Wir sind einfach gestrickt. 

Unser Gehirn versucht für unbekannte Situationen einfache, vielleicht schon bekannte Lösungen zu finden. Hat es eine Möglichkeit gefunden, wirst Du es beim nächsten Mal genauso machen. Sollten wir mit unserer Handlung immer wieder erfolgreich sein, wird sie zur Gewohnheit. Man kann sich das wie einen kleinen Bachlauf im Wald vorstellen. Hat er einmal für sich einen guten Weg gefunden, wird er diesen Weg immer wieder nehmen und sogar verbreitern, um noch besser fließen zu können.

Gewohnheiten bestehen aus vier Phasen:

  1. Der Auslösereiz: Ein Auslösereiz gibt unserem Gehirn Aussicht auf Belohnung. Man muss sich das in etwa so vorstellen: Wenn unsere Vorfahren in der Steinzeit auf ein saftiges Mammut oder auf eine:n heiße Neandertaler:in stießen, die ihnen Nahrung oder die Möglichkeit auf Fortpflanzung in Aussicht stellten, so wurde das innere Belohnungssystem aktiviert. Das Beispiel ist auch heute immer noch aktuell ;). Überträgt man das nun auf unsere Zeit kann man zum Beispiel feststellen, dass Raucher in der Regel nicht rauchen, weil sie den Geschmack von Zigaretten so toll finden. Nein, es ist die erwartete Belohnung von Stressabbau. Wir essen die Schokolade, weil wir traurig oder gestresst sind, nicht weil wir einen Bärenhunger haben. Wir waschen uns häufiger die Hände, wenn die Seife gut duftet und schäumt. Unser Gehirn schüttet bei der reinen Belohnungserwartung schon mehr Hormone aus, als bei der Belohnung selbst. Verrückt. Das erklärt uns die zweite Phase einer Gewohnheit:
  1. Das Verlangen: Mit der erwarteten Belohnung steigt das Verlangen. Wir alle kennen das Gefühl der angebrochenen Tafel Schokolade oder der Chipstüte. Oh ja wir bekommen es nicht mehr aus dem Kopf. Wenn der bloße Gedanke oder Anblick in uns eine derartige Ausschüttung von Hormonen beschert, möchte unser Gehirn mehr davon und wird nun alles daran setzen, dass Du es tust. Ich sage ja, einfach gestrickt. Was wir hier aber sehen, unser Gehirn möchte nicht die Handlung ausführen, um sie auszuführen. Nein, es möchte einen veränderten Zustand herbeiführen. Erleichterung nach einer Zigarette, ein gutes Gefühl nach dem Stück Schokolade oder gut duftende Hände.
  1. Die Reaktion: Das ist die tatsächliche Gewohnheit. Nun kommt es zu dem Gedanken, der Handlung oder der Emotion selbst. Denn nicht nur Handlungen sind Gewohnheiten, sondern auch welche Gedanken wir den ganzen Tag haben oder Emotionen die wir empfinden.
  1. Die Belohnung: Die Belohnung ist das Ziel unseres Gehirns. Durch die Belohnung lernen wir Verhaltensabläufe, Emotionen oder Gedankengänge, weil sie für unser Hirn befriedigend sind. 

Unsere Gehirne lieben dieses Belohnungsdenken und deshalb halten wir so gerne an Gewohnheiten fest. Es ist total unangenehm etwas anderes zu tun, weil unser Gehirn seine Belohnung nicht sieht. Es wird Dich immer wieder in diese tollen alten Muster zurückbringen. Fieses Ding!

Warum wir die Wirkung von kleinen Veränderungen unterschätzen

Stell Dir vor, Du steigst in Frankfurt in den Flieger und möchtest nach Madrid. Der Pilot ändert aber aus Versehen seine Flugroute um 2-3 Grad. Dann landest Du in Valencia anstatt an Deinem gewünschten Ziel. 

Ein kleiner Kurswechsel mit großer Wirkung. Wir Menschen neigen dazu unser Handeln und unsere Erfolge in einem Jahr zu überschätzen und in zehn Jahren zu unterschätzen. Wir denken, wenn wir fitter werden wollen müssen wir jetzt fünf Mal die Woche Sport machen. Wenn nach einer Woche nicht der Six-Pack oder der Bubble-Butt da ist, geben wir frustriert auf. Wenn wir Geld sparen wollen, legen wir jeden Monat 300€ zur Seite. Sind wir nach zwei Monaten nicht vermögend, kommen die alten Gewohnheiten wieder zum Vorschein. 

Mit Gewohnheiten verhält es sich wie mit Zinseszinsen. Sie potenzieren sich jeden Tag entweder zum Positiven oder zum Negativen. So kannst Du am Ende des Jahres um das 37-fache besser sein als am Anfang, wenn Du jeden Tag 1% besser wirst. Bei Gewohnheiten kommt es nicht darauf an, Dein Leben von heute auf morgen komplett zu ändern, sondern jeden Tag die Weichen ein klein wenig zu ändern. Deshalb mach Dich nicht fertig, wenn Du mal wieder in ein altes Muster verfallen bist. Freu Dich, wenn es Dir bewusst aufgefallen ist und mache am nächsten Tag wieder anders.

Auf das Umfeld kommt es an

Legt man ein Samenkorn in die Erde, beginnt es sich alles aus seinem Umfeld zu ziehen, was es zum Wachsen benötigt. Die Erde gibt dem winzigen Spross den Raum und die Nährstoffe, die es benötigt, um eine wunderschöne Blume zu werden.

Du bist das Samenkorn, Du musst Dir ein Umfeld schaffen in dem Du wachsen kannst. Ein Keimling schaut nicht, wie weit die anderen Keimlinge schon gewachsen sind oder ob diese schöner blühen. 

Mit Gewohnheiten ist das ähnlich. Ich habe ja oben beschrieben, dass jede Gewohnheit einen Auslösereiz hat. 

Diese Tatsache kannst Du für Dich nutzen. Schaffe Dir ein Umfeld in dem Du wachsen und blühen kannst.

Ich meine damit natürlich nicht, dass Du jetzt alle Menschen aus deinem Freundeskreis verbannen oder in die Karibik ziehen sollst 😉 

Du willst weniger naschen? Dann kauf Dir für Daheim keine Süßigkeiten. Du willst morgens laufen gehen? Leg Dir die Sportsachen am Vorabend raus.

In einer Studie aus den USA wollte man überprüfen, ob ein verändertes Angebot in der Krankenhauskantine die Mitarbeiter zu einer Veränderung der Kaufgewohnheiten führte. So reduzierte man die Softdrinks und erhöhte die Auslage von Wasser. Die Wasserflaschen wurden quasi an jeder Ecke der Kantine ganz offensichtlich offeriert. Siehe da, der Wasserverkauf steigerte sich um gut 25%.

Denkt doch mal an euren Arbeitsplatz. Wenn ein Kollege oder eine Kollegin Kekse in der Teeküche platziert, wer von euch greift nicht zu? Genau, ihr wolltet eigentlich gar keinen Keks, aber der Auslösereiz war da. 

Deshalb macht euch nicht verrückt, indem ihr euch eine mangelnde Selbstdisziplin zuschreibt. Schaut, wo ihr in eurem Leben das Umfeld zum Wachsen verbessern könnt. Denn häufig liegt hier der Hase im Pfeffer.

5 Tipps wie Du deine Gewohnheiten heute noch ändern kannst

Ich habe es Dir ja am Anfang des Artikels schon versprochen. Es gibt Mittel und Wege schlechten Gewohnheiten den Kampf anzusagen. Hier kommen sie: 

1. Mache Dir Deine Gewohnheit bewusst

Jetzt kommen wir zum schmerzhaftesten und emotionalsten Teil meines Artikels. Ich habe am Anfang gesagt, 90% unserer Handlungen, Gedanken und Emotionen laufen unbewusst ab. Du bekommst das gar nicht mit. Dein Liebster oder Deine Liebste weiß wahrscheinlich gar nicht was ihre Socken in Dir auslösen. Der Schokoriegel verschwindet ganz ohne Nachdenken in deinem Mund und auch Onlineshopping geht sehr gut ohne darüber nachzudenken. Letztere ist meine eigene schlechte Gewohnheit. 

Ich habe begonnen mir meine Gewohnheit bewusst zu machen. Mein Freund sprach mich nach der dritten DHL-Lieferung an einem Dienstag an, was ich denn so viel bestelle. Hier ein Shirt, da ein Buch. Dann wurde mir auch an meinem Kontostand bewusst, hier muss sich etwas ändern. 

Also holte ich mir meine Shoppinglust ins Bewusstsein. Alle Apps verschwanden auf meinem Smartphone. So musste ich mich schon ganz bewusst auf der Internetseite einloggen. Auch die Bezahlvorgänge machte ich nicht mehr mit einem Klick, stattdessen musste ich alles händisch eingeben. 

Allein diese Veränderung und das Einbauen von Bewusstseinshürden halfen mir und meinem Konto, das Onlineshopping drastisch zu reduzieren. Einfach nur, weil ich die gesamte Kaufabwicklung über mein Bewusstsein steuere.

Erst wenn wir den Schmerz unserer Angewohnheiten spüren, beginnen wir etwas zu ändern. Sei es die schlechten Blutwerte beim Arzt, das leere Bankkonto oder wiederkehrende Konflikte mit anderen Menschen.

Das führt uns unweigerlich zum zweiten Tipp:

2. Was ist Dein Warum

Ich wollte nicht mehr sinnlos shoppen und meinen Kleiderschrank mit 10 weiteren Shirts zuspamen. Vor allem wollte ich mich nicht hinterher über Geld ärgern, das ich für Dinge ausgegeben habe, die mir dann doch keine echte Freude brachten. 

Bei der Definition Deines Warum, solltest Du das Grundbedürfnis hinter Deiner Gewohnheit betrachten. Isst Du regelmäßig zu viel, weil Du traurig bist? Konsumierst Du zu viel Fernsehen, um Dich von Deiner inneren Stimme abzulenken? 

Mache Dein Warum stark und verbinde es mit einer positiven Emotion.

Beispiele:

„Ich möchte mein Geld gut anlegen, um finanzielle Freiheit zu haben.“

„Weil ich mich gesund und vital fühlen möchte, treibe ich mehr Sport.“

„Ich ernähre mich gesund, um mein Wohlfühlgewicht zu erreichen und um mich im Bikini wieder richtig wohl zu fühlen.“

3. Werde eins mit Deiner Gewohnheit

Nachdem Du deiner neuen Gewohnheit mit dem Warum eine Richtung gegeben hast, ist es wichtig, Dich mit Deiner Gewohnheit zu verbinden. Es bringt nichts, Dein Navigationssystem im Auto zu programmieren, wenn Du eigentlich gedanklich ein anderes Ziel hast. 

Lass es mich so erklären. Wir verändern unser Verhalten auf mehreren Ebenen. Stell Dir diese Ebenen wie eine Zwiebel mit mehreren Häuten vor.

Ganz außen ist die Ebene der Ergebnisse, das was wir mit unserer Gewohnheitsänderung erreichen wollen. „Ich versuche mehr Sport zu machen“.

Die zweite Ebene ist das Tun, also wie wir das „Ziel“ erreichen wollen. Ich melde mich im Fitnessstudio an oder kaufe mir ein Paar neue Laufschuhe.

Aber all das bringt uns nichts, wenn wir unsere Glaubenssätze über diese Gewohnheit nicht ändern. Wir müssen uns mit unserer neuen Gewohnheit identifizieren: „Ich bin ein bewegungsfreudiger Mensch.“ Oder: „Ich bin Nichtraucher.“ Das klingt doch ganz anders, als wenn ich sage: „Ich versuche mehr Sport zu machen“ oder „Ich versuche mit dem Rauchen aufzuhören“.

Ändern wir unser Verhalten aber ändern unsere Identität nicht, werden wir unsere alten Gewohnheiten wieder aufnehmen. In meinem Blogartikel zum Thema Mindset bin auch auch schon mal auf Glaubenssätze eingegangen, schau auch da gerne nochmal vorbei.

4. Verknüpfe neue Gewohnheiten mit Alten

Wenn Du mich gedanklich bis zu diesem Punkt immer noch nicht erschlagen hast, kommt hier ein wirklich guter und motivierender Tipp:

Man kann eine neue Gewohnheit festigen, indem man sie mit einer alten, belohnenderen verknüpft. Ich gehe davon aus, dass Du morgens Zähne putzt oder Duschen gehst. Diese Gewohnheit macht Dich startklar für den Tag und der frische Geschmack im Mund und der Duft Deiner Haut sind eine wahre Belohnung für Dein Gehirn. Möchtest Du morgens mehr Meditieren, dann baue es VOR dieser Gewohnheit ein und schreibe es Dir auf. Das ist für Dein Gehirn wichtig, um es zu festigen.

Beispiel: „Bevor ich morgens dusche, meditiere ich für 10 Minuten.“ Dein Gehirn bekommt seine Belohnung und Du konntest Deine Meditation wunderbar in den Morgen integrieren. Du kannst auch etwas zwischen zwei Gewohnheiten einbauen: „Wenn ich nach der Arbeit mein Auto geparkt habe, gehe ich 15 Minuten spazieren, bevor ich mit meiner Partner:in den Nachmittagskaffee genieße“. Ohne viel Aufwand, kann man Neues in den Alltag integrieren.

5. Mache Deine Gewohnheit sexy

Wir wissen ja mittlerweile, dass unser Gehirn auf Gewohnheiten abfährt, weil es eine Belohnung erwartet. In der Verhaltensforschung gibt es dafür den Begriff supernormaler Stimulus. Man fand heraus, dass unsere Gehirne besonders viele Belohnungshormone ausschütten, wenn die erwartete Belohnung besonders groß oder attraktiv auf uns scheint.

Stell Dir vor, Du gehst ins Kino und da steht er vor Dir: Der 1,5kg Eimer Popcorn mit Salted Caramell Geschmack und der 1 Liter Cola-Becher. Na, wer würde da wohl die gesunden Reiswaffeln mit zuckerfreier Biolimonade wählen? Und das selbst, wenn Du Dich gerade gesünder ernähren möchtest. Die wenigsten ;).

Jetzt fragst Du dich wie Du deine neue Gewohnheit groß und sexy machen kannst? Die Antwort kommt hier. Lege Dir eine Spardose an, jedes Mal, wenn Du Dich dazu entscheidest Geld zu sparen, anstatt es auszugeben, wirst Du mehr Lust haben auch mal „nein“ zu sagen. Bist Du 100 Tage rauchfrei? Schmeiß eine Grillparty und feier’ Deinen Erfolg. Du hast 10kg abgenommen? Kaufe Dir das Kleid, in das Du immer passen wolltest. Sei kreativ, mach das Ergebnis groß, bunt und attraktiv. Dann klappt es auch mit den neuen Gewohnheiten.

Zum Schluss möchte ich Dir noch etwas an die Hand geben: Gewohnheiten sind etwas Gutes. Sie helfen unserem Kopf, Platz für wirklich wichtige Entscheidungen zu schaffen. Setze Dich nicht unter Druck. Häufig liest man, es braucht 21 oder 66 Tage eine Gewohnheit zu etablieren. Das ist Quatsch. Wichtig ist es, das immer wieder zu tun und sich nicht 21 oder 66 Tage zu kasteien. Überlege Dir bei neuen Gewohnheiten genau, was Deine eigentliche Intention ist. Verbinde sie mit dem Gefühl oder dem Verlangen, welches Du verspürst. Nimm dafür die Identität Deiner neuen Gewohnheit an. Höre auf Dich, denn Du bist toll genau so wie Du bist. Ändere Dich immer nur für Dich selbst und nicht, um von anderen geliebt oder akzeptiert zu werden. 

In diesem Sinne, take it easy

Deine Jenny

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Sarah

    Der Artikel macht Lust auf Veränderung im positiven Sinne, danke für die Inspiration!

    Liebe Grüße.

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